„Wir schenken Ihnen gerne ein Lächeln“ beim diesjährigen Stadtempfang

Von der Entwicklung Neutraublings über Corona bis hin zu der AfD - Viele geladene Gäste lauschten den Worten des Bürgermeisters
Stadtempfang 2020

Zum diesjährigen Stadtempfang folgten zahlreiche Gäste aus allen Bereichen des Neutraublinger Lebens der Einladung des Bürgermeisters. Vertreter aus Vereinen, Ehrenamt, öffentlichen Einrichtungen und Behörden, Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kirche, Wirtschaft und Politik nahmen an diesem Freitagabend an dem Empfang in der Stadthalle teil. Dem Bürgermeister war es auch heuer für die Stadt ein Anliegen, engagierten Menschen mit der Einladung zu diesem Abend zu danken und wichtige Ereignisse im Stadtleben anzusprechen. Der aktuellen Situation geschuldet begrüßte Bürgermeister Heinz Kiechle jeden Gast statt mit einem Handschlag mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Die zunächst etwas irritierten Gäste nahmen es aber mit Humor.

Eröffnet und musikalisch umrahmt wurde der Empfang durch das Kammerorchester der Städt. Sing- und Musikschule Neutraubling unter der Leitung von Hong Shen. Mit dem berühmten „Cancan“ von Jacques Offenbach und dem Walzer „Gold und Silber“ von Franz Lehár sorgte das Orchester reihum für Gänsehaut. Bei dem Radetzky-Marsch von Johann Strauss stand das Publikum schließlich nicht mehr still und klatschte begeistert mit. Eine rundum gelungene, stilvolle Umrahmung dieses Abends!


Anschließend richtete der Bürgermeister das Wort an seine Gäste:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

„Bayern coroniert“, so die Überschrift in einer regionalen Zeitung und flugs haben wir einen neuen Begriff gelernt. Wobei der Corona Virus mittlerweile die Schlagzeilen der ganzen Welt beherrscht. Alles nicht so schlimm, werden wir einerseits beruhigt, dann folgen lange Listen mit Ratschlägen, was wir vorsorglich tun können. Die Wirtschaft leidet unter dem Virus, das darf als sicher gelten. Vielleicht kann aber zumindest eine Erkenntnis der Situation sein, dass man bei allen Globalisierungsvorteilen Kernkompetenzen und -fähigkeiten wie zum Beispiel die Medikamentenherstellung u.a.m. im Lande behält. Wie dem auch sei, ich habe schon ein Grundvertrauen, dass unser Gesundheitssystem und die politisch Verantwortlichen die Krise meistern und daraus lernen. Großveranstaltungen mit internationalem Besuch abzusagen mag sinnvoll sein. Das bei örtlichen u. regionalen zu tun fördert in der Bevölkerung eher Unsicherheit und Hysterie, die gefährlicher werden können als das Virus selbst. Aber, dass wir uns mit für sinnvolle Ratschläge offen zeigen, haben wir Ihnen heute den Verzicht auf das Händeschütteln empfohlen, nicht weil wir unhöflich sein wollen!

Ein ganz anderer weltweiter Virus ist mindestens genauso gefährlich, wie oben genannter. Der „Af“- Virus (America first) hat Großbritannien bezogen auf die EU-Mitgliedschaft gänzlich dahingerafft und viele EU-Länder infiziert. Es sind wohl auch die Auswirkungen einer überzogenen Globalisierung, die viele Menschen nicht verstehen.  Auf die Flüchtlingsströme, die aus den Krisenherden der Welt kommen, in die wir uns nicht einmischen wollen, hat die EU keine gemeinsame Antwort. Eine unkontrollierte Zuwanderung schürt Ängste und bereitet den Nährboden für einen Virus, den wir längst überwunden glaubten, den Rechtsextremismus, der ganz ungeniert vor allem in einer legalen Partei, der AfD, gezüchtet wird. Wer hätte das gedacht, nach der Wiedervereinigung vor 30 Jahren, als wir alle hofften, kalte und heiße Kriege wären überwunden und ein Zeitalter des Weltfriedens bricht an!

Und hier hilft leider weder Händewaschen noch eine Schutzmaske! Was der Weimarer Republik nicht gelang, die Demokratie zu retten, muss heute wieder Aufgabe für uns alle sein. (Die Voraussetzungen, vor allem die wirtschaftlichen, sind heute wesentlich besser.) Es darf nicht gesellschaftsfähig werden oder bleiben, rechtsextrem zu wählen, nur um Unzufriedenheit zu demonstrieren. Dafür steht zu viel auf dem Spiel! Wir alle haben in 8 Tagen bei der Kommunalwahl die Möglichkeit ein deutliches Zeichen für Demokratie zu setzen. Bitte tun Sie es!

Wirtschaft: Gegen den zuletzt beschriebenen Virus lässt sich eine gewisse Grundimmunisierung bei vielen Menschen erreichen, wenn sie eine stabile Existenzgrundlage haben. Das bedeutet einen Arbeitsplatz mit einem Einkommen, von dem sie leben können. Hier dürfen wir dankbar sein, dass die örtlichen und regionalen Vertreter aus Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistung immer noch viele Arbeitsplätze anbieten, obwohl es ihnen u.a. die staatliche Regelungswut nicht leicht macht. Für Neutraubling konnten wir im vergangenen Jahr noch einmal eine Steigerung um (knapp) 250 Arbeitsplätze, von 15.067 in 2018 auf  15.313 in 2019, verzeichnen. Ein Dank den Vertretern aller kleinen und großen Betriebe und ihren Mitarbeitern. Und damit ein wenig Glanz auf die örtliche Politik abfällt: Anscheinend waren die Rahmenbedingungen bei uns einigermaßen akzeptabel.

Wohnraum schaffen: Mit einem geregelten Einkommen geht immer auch der Wunsch nach ausreichend Wohnraum einher. Merke: Unzufrieden und virusanfällig sind besonders auch Menschen, die trotz aller Bemühung keine Wohnung finden. Diesem Grundbedürfnis müssen wir nachkommen, Argumente wie  kein Flächenverbrauch und blühende Wiesen werden keine Familie überzeugen, die mit Kindern in engsten Verhältnissen leben muss. (Greta wohnt wahrscheinlich noch bei den Eltern). Das große Wohngebiet des IZ in Heising II mit ca. 140 Wohneinheiten ist inzwischen bezogen, in Kleinfeld I der VMAX-Familienstiftung wachsen mit ebenso vielen Wohneinheiten die Häuser wie die sprichwörtlichen Schwammerl aus dem Boden. Für Kleinfeld II und den Bebauungsplan Kastanienallee in der Haidauer Straße  mit jeweils deutlich weit über 100 Wohneinheiten haben wir innerhalb gut eines Jahres Baurecht erlangt. Das spricht auch für den Stadtrat und die Verwaltung. Die Einwohnerzahl stieg innerhalb eines Jahres um rund 200, von 14.530 auf 14.717 mit Nebenwohnsitzen (14.019 auf 14.217 ohne Nebenwohnsitze). Offensichtlich sind wir auch als Wohnort interessant. Der „Fluch“ der guten Tat: Die Stadt bleibt mit der Schaffung von Betreuungseinrichtungen für Kinder und die Erweiterung von Schulen für den Ganztagsbetrieb im Trab, wobei neue gesetzliche Vorgaben und die überlastete Bauwirtschaft ständig an den Hufen kleben.

Der Bezug der Grundschulerweiterung und des Kulturhauses gelang dennoch zum neuen Schuljahr, wobei die Nutzer vor allem von Hort, Musikschule und Bücherei noch einige Zeit einen gewissen Baustellen-Charme genießen durften. Aber das ist inzwischen soweit geschafft.

Vorschau Bauvorhaben: Es gibt kein Zurücklehnen für den alten und neuen Stadtrat - Dann geht`s gleich weiter. Sehnsüchtig warten wir auf die Baugenehmigung aus dem Landratsamt für den neuen Kindergarten Am Kleinfeld mit 5 Gruppen. Wir scharren mit den Hufen, um mit dem Bau beginnen zu können!

Immerhin, ein mutiges Projekt angesichts landesweiter Bäderschließungen, unser neues Hallenbad hat nach 7 Monaten die Baugenehmigung erhalten. Es wird ein Familienbad, das barrierefrei, für Alt und Jung geeignet, mit Liegeflächen, Dampfbad, Sauna, Kleinkinderbecken und Erlebnisduschen schon etwas mehr bietet als das jetzige. Allein die Wasserfläche vergrößert sich um ca. 40 Prozent, die Grundfläche erhöht sich ebenfalls um ca. 45 Prozent.

Natürlich sind uns bei aller Bautätigkeit Natur und Klima wichtig. Hätten wir sonst so viele Grünanlagen neu geschaffen?

Verkehr in der Region: Wir wachsen wie unsere Nachbargemeinden. Deshalb ist eine weitere Umfahrung im Ballungsraum Barbing, Neu-, Obertraubling und Mintraching dringend erforderlich.

Ich persönlich hoffe, dass auch der Landkreis mehr auf den Zug Stadtbahn aufsteigt, schienengebunden oder nicht. Regensburg plant schon ganz konkret. Die Gutachter des Planungsbüros Kommobile haben die Voraussetzung für den Anschluss Neutraubling als gut bezeichnet. Für den Individualverkehr wird die Erreichbarkeit des Oberzentrums immer schwieriger.

Abschied: Gerne würde ich Ihnen noch mehr Wege beschreiben. Der Wagen, der rollt, aber ich muss hier absteigen. Nach 36 Jahren in Gemeinde- und Stadtrat, davon 14 Jahre als Bürgermeister, nach 24 Jahren im Kreistag, endet meine politische Tätigkeit.

Dankbar bin ich für manche gute Diskussionen im Stadtrat über Parteigrenzen hinweg. Eine persönliche Bereicherung waren viele herzliche Begegnungen mit unseren älteren Mitbürgern. Einen Blick in große Kinderaugen in Kindergärten oder Schulen empfand ich immer als Muntermacher. Ich wusste: Dafür lohnt sich jede Anstrengung! Für die Zukunft unserer Heimatstadt ist mir nicht bange angesichts der vielen Menschen, die sich in und außerhalb von Vereinen auf allen Gebieten mit Herzblut einbringen. Ein Dank meinen Mitarbeiter/Innen in der Verwaltung und in den Einrichtungen der Stadt. So manche sind mir Freunde geworden. Wir haben uns gegenseitig angespornt, das  Beste zu geben.

Letzteres ist meine Bitte an Sie alle das alte Prophetenwort: „Suchet der Stadt Bestes!“

Für jedwede Unterstützung, oder auch nur das Ertragen, und Ihr Vertrauen danke ich Ihnen allen. Ich hoffe, ich konnte ein wenig zurückgeben. Einfach: Danke.“


Bildergalerie